Wie ich mein Geld in die Schweiz brachte

(um 2008)

Ich stöberte gerade im Internet, da sah ich es. Ein fantastisches Kleid erregte meine Aufmerksamkeit. Die Verkäuferin saß in der Schweiz. Normalerweise kaufe ich im Internet nur bei Händlern aus Deutschland, da kann ich den Kaufbetrag problemlos per Online-Banking überweisen. Aber dieses Mal konnte ich nicht widerstehen. Erstaunlich günstig erstand ich das Kleid – ein richtiges Schnäppchen, freute ich mich. Über das Wie-kommt-mein-Geld-in-die-Schweiz-? machte ich mir zunächst keine weiteren Gedanken. So viele Reiche bringen ihr Geld in die Schweiz, da würde es mir doch gelingen, den Kaufpreis für das Kleid in die Schweiz zu transferieren. Das kriegt meine Bank schon hin, dachte ich. Verwundert las ich, dass die Verkäuferin mir schrieb: „Falls du mit deiner Bank Schwierigkeiten hast oder die Gebühren zu hoch sind, schicke mir das Geld einfach in einem Briefumschlag. Bis jetzt ist das immer angekommen.“ Na, das fehlte ja noch. In Zeiten von Online-Banking verschicke ich bestimmt kein Bargeld in einem Briefumschlag!

Sogleich öffnete ich die Homepage meiner Bank. Bei Überweisungen konnte ich hier wählen zwischen einfacher Überweisung und EU-Überweisung. Die Schweiz gehört ja nicht zur EU, also müsste ich die normale Überweisung verwenden?! In diesem Formular gab es jedoch keine Möglichkeit, den bei internationalen Überweisungen geforderten IBAN-, BIC- bzw. SWIFT-Code einzutragen. Aber welches Formular dann? Da es Freitagmittag war, erreichte ich in meiner Bank telefonisch niemanden mehr. Wild entschlossen klickte ich mich durch die Webseite meiner Bank und fand auf der Übersicht-Seite auch tatsächlich den Unterpunkt „Auslandszahlungen“. Na also. Ich las:

Auslandszahlungen
Viel Papierkram und hohe Gebühren bei einer Auslandsüberweisung innerhalb der EU - das war einmal. Wer heute EU-weit bis zu 12.500 EUR transferieren möchte, kommt mit einem einfachen EU-Überweisungsformular aus. Eine entsprechende EU-Überweisung können Sie auch online über unser Online-Banking-Angebot ausführen. Aber auch für Zahlungen, die durch die EU-Standardüberweisung nicht abgedeckt sind, bieten wir Ihnen Lösungen: die bewährte Auslandsüberweisung oder den Privatscheck.

Ahhh ja, dann mal her mit dem Online-Formular für die bewährte Auslandsüberweisung! Leider bot meine Bank kein entsprechendes Formular online an. Schließlich fand ich unter „Details“ einen Auslandszahlungs-Check. In einem Formular musste ich angeben, wohin ich wie viel überweisen wolle und ob ich nähere Angaben zum begünstigten Konto wie IBAN-, BIC- oder SWIFT-Codes habe. Hab ich! Dann antwortete mir der Auslandszahlungs-Check:

„Sie haben alle Angaben zur Beauftragung einer SWIFT–Zahlung vorliegen.“

Ja, super, dann mal her mit dem SWIFT-Formular! Aber auch das gab es online offensichtlich nicht. Dafür fand ich nun einen weiteren Link:

Auslandszahlungen – Die Seite für Exporteure

Auslandszahlungen – Die Seite für Importeure

Hm. Ich klickte nun die Seite für Importeure an, denn ich will ja etwas aus dem Ausland erhalten. Im weitesten Sinn bin ich also ein Importeur. Oder? Ich las:

Auslandsüberweisung (clean payment). Zur schnellen Abwicklung Ihrer Auslandsüberweisungen nutzen wir das SWIFT-System, an welchem über 5.200 Banken und Finanzinstitutionen in über 130 Ländern angeschlossen sind. Unsere Finanzgruppe arbeitet weltweit mit zahlreichen Korrespondenzbanken zusammen - so stehen Ihnen im In- und Ausland Fachleute zur Verfügung.
Für Fremdwährungen, Beträge über 12.500 EUR, abweichende Zielländer oder bei nicht ausreichenden Mindestangaben (z.B. IBAN des Begünstigten und des Auftraggebers, SWIFT-/BIC-Code der Bank des Begünstigten) sind weiterhin die herkömmlichen SWIFT-Zahlungen bzw. Z1-Zahlungsaufträge erforderlich.

Bankscheck: Auf Ihren Wunsch erhalten Sie von uns einen Bankscheck in EUR oder Fremdwährung, den Sie Ihrem Lieferanten übersenden (ggf. durch uns) oder persönlich aushändigen können.

Privatscheck: Bei entsprechender Vereinbarung mit Ihrem Geschäftspartner können Sie Ihre Importe mittels Verrechnungsscheck in EUR oder Fremdwährung bezahlen.

Also gut, ich habe mich entschlossen, doch kein Importeur zu sein. Ich bin eine Privatperson, die einen Kleinst-Euro-Betrag in die Schweiz überweisen möchte und ich habe keine Lust, deshalb extra zu meiner Bank zu fahren. Das muss doch online gehen!

Ich werde meine Frage schriftlich formulieren, dachte ich und wieder landete ich bei meiner Bank auf einem Formular:

Füllen Sie bitte dieses Formular aus und senden Sie es uns per E-Mail. Sie erhalten in Kürze von uns eine Antwort:

Vorname:, Zuname:, Straße und Hausnummer:, Postleitzahl und Wohnort:, Sind Sie schon Kunde?, Ihre Kontonummer:, An welchem Termin soll die Beratung stattfinden?, Datum:, zwischen … Uhr und ... Uhr, Beratungsort:, Wie sollen wir Ihnen Ihren Termin bestätigen?, Tel.-Nr.:, Mail:……

Ach nööööö! Ich will doch nur eine kleine Auskunft! Ich überging einen Teil der Fragen und gab in dem Feld „meine Nachricht“ kurz meine Frage ein. Natürlich klappte das Absenden der Nachricht nicht eher, als bis ich alle Fragen bis ins Detail beantwortet hatte.

„Bitte geben Sie einen Terminwunsch ab!“, forderte das Formular nun. Gut, ich will noch heute diese Auskunft!

„Bitte geben Sie einen Wunschtermin ab frühestens Montag kommender Woche an, weil Ihr gewünschter Termin nicht mehr realisierbar ist.“, antwortete das Formular.

Okay, also wünsche ich am Montag einen Termin zwischen 9.30 und 14.30 Uhr und bitte benachrichtigen Sie mich per Mail über die Terminvergabe/-bestätigung. In das Feld für „meine Nachricht“ schrieb ich nun noch, dass ich keinen persönlichen Termin benötigte, sondern nur besagte Auskunft. Danach konnte ich meine Frage endlich absenden.

Ich habe nie eine Antwort von meiner Bank erhalten. Nach ein paar Tagen Wartezeit habe ich das Geld in einen Briefumschlag gesteckt und an die betreffende Adresse in die Schweiz geschickt. Zwei Tage später schrieb die Verkäuferin des Kleides, dass sie das Geld erhalten habe. Nach 8 Tagen war das Kleid da.

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