Single

(um 2007)

In Deutschland gibt es etwa 14 Millionen Singles, davon sind 11,2 Millionen tatsächlich Singles. Das heißt, sie leben nicht nur ohne Partner in ihrer Wohnung, sondern sie haben auch tatsächlich keinen Partner. Zirka 14 – 16 % davon sind über 40. Während die jüngeren Singles relativ schnell wieder einen Partner finden, tut sich die Gruppe der älteren Singles mit der Partnersuche bzw. dem Partnerfinden schwer. Dabei gibt es in dieser Altersgruppe etwa gleich viele Männer wie Frauen. Woran liegt es, dass es Singles ab 40 so schwer fällt, wieder einen Partner zu finden? Sind sie zu anspruchsvoll geworden? Wollen die meisten gar keinen Partner finden? Ist Partnerschaft zwischen Mann und Frau ganz einfach out?

Mit 28 Jahren war ich geschieden und alleinerziehend. Damals hatte ich jede Menge Verabredungen, die ich jedoch kaum einmal wahrnehmen konnte. Denn hatte ich ein Date, war eins der Kinder krank. Wollte ich abends weggehen, schliefen die beiden garantiert nicht ein und ich traute mich nicht aus dem Haus. Brachte ich es mal fertig, einen Mann bis zu mir nach Hause zu locken, setzten meine beiden Giftzwerge ihr ganzes Können ein, um den infrage kommenden Anwärter so schnell als möglich wieder zu vergraulen. Es gelang ihnen immer! So hechtete ich von Lebensabschnitts- zu Lebensabschnittsgefährten auf der Suche nach Mr. Right.

Als ich etwa 35 Jahre alt war, setzte ich die Suche aus. Mein Tag war gefühlte 24 Stunden ausgelastet mit Haushalt, Kinder erziehen und arbeiten gehen. Für einen Partner hatte ich keine Zeit. Die Männer, die sich zu dieser Zeit für mich interessierten, waren zudem alle Ü50 und größtenteils verheiratet. Auf der Straße steckten mir Fast-Rentner ihre Visitenkarte zu, auf Arbeit kniffen mir ältere Kollegen in den Po oder zwinkerten mir vielsagend zu: „Falls Sie mal allein sind ….“ Nein, so allein fühlte ich mich nicht.

Als die lieben Kleinen dann begannen, eigene Wege zu gehen, dachte ich, nun wäre es an der Zeit, mal wieder an mich zu denken und die Partnersuche in den Vordergrund zu stellen, aber wo waren die Single-Männer hin? Auf Arbeit fand ich sie jedenfalls nicht. Dafür gab es dort genügend Single-Frauen in meinem Alter.

Bleibt für uns Single-Frauen ab 40 nur eine Liaison mit einem verheirateten Mann? Wo ist der Lätta-Mann, wo der Kinderschokolade-Milchriegel-Mann, wo der Mann, der mit mir mitten auf einer befahrenen Kreuzung stehen bleibt, weil ich so gut dufte wie in der Parfüm-Werbung?

Soll ich mich zum Kochkurs anmelden? Oder regelmäßig ins Fitness-Studio gehen? Blödsinn, ich habe unter meinen Single-Kolleginnen und -Freundinnen jede Menge Damen, die sich ständig auf der Sonnenbank, im Fitness-Studio, in der Sauna oder in der Volkshochschule herumtreiben. Keine von denen hat bis jetzt dort einen Partner gefunden, höchstens gleich gesinnte Frauen, mit denen sie nun gemeinsam die Konditoreien unsicher machen.

Gassi gehen mit Bello können Sie auch vergessen. Ich kenne jetzt alle Single-Frauen meiner Umgebung, die einen Hund haben und auch alle Rentner, die einen Hund haben.

Einmal die Woche fahre ich am Nachmittag in die Stadt und bummle dort um die Häuserecken. Das brachte mir bis jetzt unzählige böse oder mitleidvolle Blicke von Frauen oder Pärchen ein, außerdem eine Einladung zum Kaffee von einem gebrochen deutsch sprechenden, älteren Herren.

Jeden Mittwoch und Samstag lese ich mich durch die Annoncen der Tagespresse. Ich hätte nie gedacht, dass es einmal so weit kommt. Bisher habe ich jedoch noch keine Anzeige entdeckt, bei der ich spontan zum Stift gegriffen hätte, um eine Antwort zu formulieren. Da suchen Teddybärchen und Schmusekaterchen, Kuschel- und Krümelmonster, gelangweilte Ehemänner, gut verdienende Ärzte und andere Selbständige nach Frauen, die möglichst halb so alt wie sie selbst und doppelt so hübsch sein sollen und dann kommen noch all die carpe-diem-, man-lebt-nur-einmal-, man-sieht-nur-mit-dem-Herzen-gut- und du-solltest-in-Jeans-eine-genauso-gute-Figur-machen-wie-im-Abendkleid-Typen. Gähhhn!

Da wäre noch das Internet mit seiner Fülle von Single-, Kontakt-, Kennenlern-, Freunde-finden-, Seitensprung- und Nette-Menschen-treffen-Seiten. Aber um es vorwegzunehmen, auch dort ist der richtige Partner nur schwer und mit sehr viel Geduld und noch mehr Vorsicht zu finden. Da ist der 23-Jährige, der auf reifere Frauen steht; der Frührentner, der schon morgens 6.00 Uhr im Netz lauert; der Arbeitslose, der sich sogleich auf eine Tasse Kaffee bei mir einlädt; der Verheiratete, dem seine Ehe zu langweilig ist, der Fetischist, der mich in Lack und Leder stecken will; der Dominante, der die devote SIE sucht und der Spaßvogel, der nur so zum Vergnügen Frauen anschreibt, ohne wirklich einen ernsthaften Gedanken dabei zu haben. Nirgends wird so viel gelogen wie auf Partnerseiten im Internet (wenn man mal von der Politik absieht). Das geht schon bei den eingestellten Fotos los, die den Single so zeigen, wie er vor 15 Jahren und minus 20 kg ausgesehen hat. Selbstverständlich ist jeder sein eigener Chef. Übersetzt heißt das, sie sind arbeitslos oder haben eine Ich-AG gegründet. Und so setzt sich das fort.

Es gäbe da noch die Möglichkeit, sich beim Fernsehen für eine dieser Sendungen wie „Bauer sucht“ oder „Schwiegertochter gesucht“, „Adel sucht“ oder wie die alle heißen, zu bewerben, aber das ist wohl eher etwas für Leute, denen gar nichts mehr peinlich ist, die unter akuter Torschlusspanik leiden und die für eine Partnerschaft einfach alles tun und nichts ausschließen würden.

Die jungen Frauen haben es auch immer schwerer, einen Partner zu finden. Inzwischen arbeiten in unserer Firma viele junge Frauen, die Single sind. Darunter auch einige, die schon die 30 erreicht oder aber überschritten haben. Das liegt jedoch nicht daran, dass die Mädchen immer anspruchsvoller und karrieregeiler werden, sondern schlicht und einfach daran, dass die jungen Männer im entsprechenden Alter daheim hinter ihrem Computer oder Notebook festgewachsen sind (oben bei Mutti). Das veranlasst die jungen Damen wiederum dazu, sich Kummerspeck anzufuttern, den sie dann, gepierct und mit zahlreichen unsinnigen Tattoos versehen, in bauchfreie Tops und Leggings zwängen, um so, bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet, auf Männerjagd zu gehen.

Die jungen Männer wiederum, deren Vorstellung vom weiblichen Geschlecht durch unzählige Computersitzungen auf Manga-Maße verklärt ist (überdimensional große Augen, Oberweite 110 cm, Taille 30 cm und endlos lange Beine, bei einem relativ kurzen Oberkörper), erkennen in diesen Mädchen nicht einmal das weibliche Geschlecht, wenn diese sich bei ihnen in der Straßenbahn auf den Schoß setzen würden.

So gesehen verwundert es eigentlich niemanden, dass Europa statistisch gesehen als einziger Erdteil in der Zukunft bevölkerungsseitig schrumpft.

Ich für meinen Teil werde einfach noch ein paar Jährchen auf der Lauer liegen, bis die ersten rüstigen Witwer in meiner Wohngegend auftauchen. Wie heißt es doch so schön: Je oller, desto doller.

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